Jill Lanfermann, Thorsten Wagener und Kevin Engler vom RWO Endurance Team starteten ebenso wie Timo Schaffeld bei der Ironman 70.3 Weltmeisterschaft in den USA, in St. George im Bundesstaat Utah. Während sich Kevin Engler und Thorsten Wagener bereits im Sommer 2021 für die Teilnahme an der Weltmeisterschaft qualifizierten, holte sich Jill Lanfermann den sogenannten Slot erst im Juni dieses Jahres beim Ironman 70.3 Westfriesland im niederländischen Hoorn.
Gemeinsam mit Timo Schaffeld und Freunden reiste das 8-köpfige Team am 24.10.22 über Las Vegas nach St. George. Die Zeit bis zum Start am 28.10. bzw. 29.10. nutzten die ambitionierten Sportler zur Anpassung an die Zeitverschiebung, zur Erkundung der Strecke und natürlich auch zum lockeren Training. Das Thema Wetter – morgens sehr kalt um die 3 bis 6 Grad, mittags in der Sonne wiederum warm mit bis zu 24 Grad – und der nicht einzuschätzende Wind, wirft immer wieder Fragen zum Tragen der passenden Wettkampfkleidung auf.
Ein großes Lob gilt dem Ausrichter dieser Großveranstaltung mit rund 5.800 Athleten und der mindestens doppelten Anzahl von Zuschauern. Die Veranstaltung war top organisiert, tausende Helfer setzten mit ihrer Freundlichkeit und ihrer Hilfsbereitschaft dieser Weltmeisterschaft einen besonderen positiven Stempel auf. Bereits beim Einchecken als auch im Verlauf des Wettkampfes überzeugte IRONMAN. Das Schwimmen fand im ca. 20 km entfernten See im Sand Hollow Reservoir statt. Ein perfekt organisiertes Shuttlebus-System brachte bereits morgens ab 5:30 Uhr die Athleten als auch die Zuschauer ab St.George zum Start an der ersten Wechselzone. Die zweite Wechselzone sowie ein Teil der Laufstrecke als auch die Finish Line waren inmitten der City von St. George und fußläufig für alle Zuschauer zu erreichen.
Jill, die erst ihre zweite Mitteldistanz überhaupt absolvierte, hatte sich seit Juli konkret auf diesen Wettkampf vorbereitet. Nach den 1900m Schwimmen im See war eine wellige 90 km lange Radstrecke mit einem Gesamtanstieg von 1005 Höhenmetern und einem sehr langgezogenen Anstieg zwischen km 63 und 75 zu bewältigen, bevor es laufend auf die Halbmarathonstrecke ging. Diese führte über zwei Runden durch die Innenstadt und war ebenfalls mit Anstiegen gespickt.
Der Wettkampftag rückte näher, die Nervosität der Starter stieg merklich an. Das Frauenfeld startete am Freitag und wurde von den Profis um 7:30 Uhr mit dem Startschuss eröffnet. Jills Startgruppe folgte bereits ab 8 Uhr. Bei sehr kalten Außentemperaturen von 5 Grad mussten sich die Damen versuchen warm zu halten, was eher fehlschlug. Jill spürte weder Füße und Hände beim Sprung ins Wasser. Welch eine angenehme Überraschung, das Wasser war mit knapp 17 Grad wärmer als die Außentemperatur und fühlte sich gut an. Jill fand zwar schnell ihren Schwimmrhythmus, wurde aber durch die aufgehende Sonne auf dem Hinweg, den ersten 800 m geblendet und verlor die Orientierung. Dank den Hinweisen der Helfer auf den Begleitbooten fand Jill die richtige Spur und konnte ihren „Stiefel“ herunter schwimmen.
Nach 47:22 Minuten ging es ab in die Wechselzone und endlich auf die 90 km lange Radstrecke. Jill wappnete sich mit Armlingen und einer Radweste über dem Trikot gegen die Kälte und los ging es. Jill ging das Rennen nicht zu schnell an und hielt sich an ihre Watt-Vorgaben. An dem Snow Canyon, dem langen Anstieg an der Radstrecke konnte sie zahlreiche Konkurrentinnen „einsammeln“ und machte einige Plätze gut. Sie hielt den Vorsprung auf der Abfahrt und beendete das Radrennen nach 3:06:43h. Mittlerweile stiegen die Temperaturen auf 22 Grad an und die Sonne brannte die ganze Strecke über vom Himmel. Jill lief über die erste Hälfte ein gleichmäßiges Rennen, musste beim Beginn der zweiten Runde das Tempo jedoch etwas herausnehmen. Sie nutze die zahlreichen Verpflegungsstationen zur Flüssigkeitsaufnahme und konnte das Tempo anschließend wieder anziehen. Das Ziel rückte immer näher und Jill flog die letzten Meter bis ins Ziel. Unter den Anfeuerungsrufen ihrer Teamkollegen finishte sie zufrieden und glücklich ihr Rennen in der Gesamtzeit von 6:08:59h.
Während Jill ihren Erfolg genießt, checken die Männer ihre Räder in der Wechselzone am Schwimmstart ein und bereiten sich nun ihrerseits auf das Rennen am Samstag, den 29.10.22 vor. Am nächsten Morgen dieselbe Prozedur: Frühes Aufstehen, Frühstücken, Abfahrt zum See.
Da das Starterfeld der Männer mit insgesamt fast 3.800 Athleten um ein Vielfaches höher ist als das der Damen, verschieben sich die Startzeiten nach hinten und es sind weitaus mehr Aktive zur gleichen Zeit im Wasser. Kevin Engler startet um 8:17 Uhr, gefolgt von Thorsten Wagener um 8:50 Uhr. Kevin hat aufgrund der Kälte Probleme ins Schwimmgeschehen reinzukommen. Eine „Panikattacke“ gleich auf den ersten 200 Metern führt zu einer ungewollten Zwangspause, doch ein paar Sekunden des „Durchatmens“ genügen und er greift ins Rennen ein. Nach 32:25 Minuten erreicht er die Wechselzone.
Mit ungewohnt eisigen Fingern und Füßen dauerte der Wechsel bei nun ca. 8 Grad Außentemperatur deutlich länger als gewohnt, bevor es endlich auf die Radstrecke geht. Die ersten 60 km laufen perfekt. Zwar liegt Kevin ein wenig über den geplanten Werten des Trainers, doch fährt er jeden Anstieg konzentriert und kraftvoll. Seine Gefühlswelt schwankt zwischen leidend und staunend, denn die sich bietende Kulisse mit dem Blick über das Gebirgspanorama ist eindrucksvoll. Triathlon in der Wüste Utahs ist einfach unglaublich. Zum Schluss kommt der Anstieg im Snow Canyon, eine Mischung aus brennenden Beinen und wundervollem Gebirge. Die letzten 200 Höhenmeter geben Kevin dann allerdings den Rest, da er nicht nur sein Körpergewicht von ca. 82 kg mit hochziehen muss, sondern die Oberschenkel langsam dicht machen. Diese Anstiege sind für „Fliegengewichte“ eindeutig besser geeignet. Die letzte lange Abfahrt ist wiederum unglaublich. Ein Affen Tempo für einen Jungen aus Oberhausen dessen Verständnis vom Berg die Halde Haniel ist.
Aus der zweiten Wechselzone geht es nun endlich zu seiner Lieblingsdisziplin, dem Laufen. Die Temperaturen haben sich wie am Vortag eindeutig geändert und sind mit ca. 22 Grad gegenüber dem Morgen stark angestiegen. Die zahlreichen Zuschauer tragen Kevin über die Strecke und die erste Runde läuft nach Plan. Als er am Wendepunkt zur zweiten Runde ankommt, erkennt er plötzlich, dass er nicht nur die gesamten 268 Höhenmeter nochmals hochlaufen muss, es wird ihm bewusst, dass er an der Triathlon Weltmeisterschaft teilnimmt. Die Besten der Besten und er, „Kevin“ ist in seiner erst zweiten Saison schon mit dabei. Diese Erkenntnis seiner Entwicklung, der gemeinsame Start mit seinen Teamkollegen Timo und Thorsten, das Dabeisein seiner Freundin und Sportfreunde an der Strecke pushen ihn nochmals und er holt alles aus seinem Körper heraus. Er finisht in schnellen 4:48:04 h in der AK 30-34 auf dem 218 Platz.
Thorstens Start stand aufgrund einer Coronainfektion im Oktober lange auf der Kippe. Trainingsausfall verbunden mit einer nicht zu unterschätzenden Leistungseinbuße, dies war nicht der Plan gewesen. Doch die Tage vor dem Rennen, die großartige Kulisse und der Zusammenhalt der Teamkollegen führten dazu, dass Thorsten das Projekt unter dem Motto „Erlebnis statt Ergebnis“ in Angriff nimmt. Jedoch läuft die Durchführung schwerfällig. Thorsten kommt nicht wie geplant ins Rennen. Er hat Schwierigkeiten seinen Schwimmrhythmus zu finden und wird teilweise von schnelleren Schwimmern überholt. Zweimal hält er an, muss tief durchatmen und schwimmt dann endlich ruhig durch. Mit seiner Schwimmzeit von 36:49 Minuten kommt er in die erste Wechselzone. Hier sammelt er kurz neue Kraft, bevor er Disziplin Zwei in Angriff nimmt.
Auf dem Rad fährt Thorsten verhalten an und teilt sich seine Kräfte gut ein. Dank seiner langjährigen Erfahrung von zahlreichen Langdistanzen in den Bergen, weiß er, wie er die Anstiege zu nehmen hat. Mit seiner Radzeit von 2:46:15 h fährt er in die Wechselzone Zwei.
Doch was nun? Sein Laufbeutel ist verschwunden und wird erst nach einigem Suchen der Helfer gefunden. Zu allem Unglück fehlt auch noch seine Kappe sowie sein Verpflegungsgel. Nicht lange zweifeln, doch leicht genervt läuft er los. Die Laufstrecke ist mittlerweile gut mit Athleten aller Alters- und Leistungsklassen gefüllt. Die Sonne brennt vom Himmel. Nach ca. 8 km gibt er den Supportern den Hinweis, dass er dringend eine Kappe gegen die Sonnenstrahlen benötigt. Kappe wird gereicht, Stimmung steigt. Dass das Laufen immer sein Trumpf im Wettkampf ist, zeigt er auch heute. In Runde Zwei überholt er zahlreiche Läufer, sein Tritt wird immer runder, die einmalige Stimmung setzt zusätzliche Kräfte frei. Thorsten finisht in der Gesamtzeit von 5:22:42 h und ist mit dem Ergebnis zufrieden.
Alle drei Starter haben mit der Teilnahme an der Ironman Weltmeisterschaft 70.3 ein unvergessliches Erlebnis in ihrer Sportkarriere erlebt.